Roland Reichen
ist in einer Arbeiterfamilie in Spiez aufgewachsen. Er studierte in Bern Germanistik und Geschichte und ist zur Zeit wissenschaftlicher Mitarbeiter der historisch-kritischen Jeremias-Gotthelf-Edition. Als er 1998 durch Pfeiffersches Drüsenfieber wochenlang ans Bett gebunden war, begann er aus Langeweile zu schreiben. Daraus sind nicht zuletzt seine beiden Romane „aufgrochsen“ (2006) und „Sundergrund“ (2014) entstanden, die Standardeutsch mit Dialekt vermischen. Zusammen mit Hartmut Abendschein und Christian de Simoni bildet Roland Reichen die Literaturgruppe „Hybrido Unreim“, mit Matto Kämpf zeichnet er auf Youtube. Neben diversen Stipendien, die ihm Aufenthalte in Berlin, Minsk, Estland und Litauen ermöglichten bekam er im vergangenen Jahr für „Sundergrund“ den Literaturpreis des Kantons Bern. Für die dreimonatige Omnibus-Lesetour des europäischen Literatur-Networks CROWD nahm er im vergangenen Juni auf der Etappe Prag-München teil.
Moderation: Christian de Simoni
«Sundergrund»
Fieder hat den Junk bitter nötig: Der Fögi, sein Dealer, hat ihm eben den Videorekorder aus seinem detailreich beschriebenen „Bruchbudeli“, das in der Thuner Agglobrache liegt, entführt – und vor allem muss er sich in Form bringen. In Form für das „Raadewuu“ in der Halle 18, wo es neben dem Gottesdienst und christlichem Rock auch die Maria zu bewundern gibt. Doch alles endet in kompletter Trostlosigkeit, denn die Schicksale in „Sundergrund“, dem zweiten Roman von Roland Reichen, sind auswegslos. Die Figuren suchen eigentlich nur ein wenig Wärme und Liebe, doch es geht alles schief. Von einem Ersatzmittel zum nächsten Hangeln sie sich. Dann kommen halt irgendwann mal die Drogen. Bei Roland Reichen gerät das Hochdeutsch ins Straucheln, bei ihm ächzt die Sprache, wenn sie zwischen halb bern-, halb standarddeutschem Idiom wechselt.